Berühmtester katalanischer Barockdichter war
Francesc Vicenç Garcia (Tortosa 1579/82 - Vallfogona de Riucorb,
60 km nördlich von Tarragona, 1623) dessen burleske und erotische
Gedichte von Hand zu Hand gingen und eine Fülle von Nachahmern bis
ins 19. Jahrhundert hinein fanden. Eine weitere bemerkenswerte Persönlichkeit
der katalanischen Literatur des 17. Jahrhunderts war Francesc
Fontanella (Barcelona 1622 - Perpinyà 1680/85), (Sonett-)Dichter
und insbesondere Autor zweier Theaterstücke: Amor, firmesa i porfia
(1642 - 43; Liebe, Standhaftigkeit und hartnäckiges Werben) und
Lo desengany (1651; Die Enttäuschung). Joan Ramis (Maó 1746 - 1819),
bedeutendster Schriftsteller Menorcas jener Zeit, wurde mit seiner
Tragödie Lucrècia (1769) berühmt. Was die Prosa des 18. Jahrhunderts
anbelangt, so gilt der Calaix de sastre (Sammelsurium), ein hochinteressantes
Tagebuch in 52 Bänden, als das herausragende Werk; geschrieben wurde
es zwischen 1769 und 1816 von Rafael d'Amat i de Cortada,
dem Baron von Maldà (Barcelona 1746 - 1818/19).
Von großer Wichtigkeit für die Geschichte der
katalanischen Literatur in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts
erweist sich die europäische Bewegung der Romantik: sie führt zu
einer breiten Zunahme literarischer Betätigung auf katalanisch,
zur sogenannten Renaixença ("Renaissance").
Den Beginn dieser Epoche markiert die Ode La Pàtria (Das
Vaterland, 1833) von Bonaventura Carles Aribau (Barcelona
1798 - 1862); gefolgt von der regelmäßigen Veröffentlichung der
Gedichte von Joaquim Rubió i Ors (Barcelona 1818 - 1899)
ab 1839. 20 Jahre später bekam die katalanische Literaturproduktion
eine feste öffentliche Verankerung in Form eines jährlich im Mai
abgehaltenen Dichtungswettbewerbs und -festivals, den Jocs Florals.
Der herausragende Dichter des 19. Jahrhunderts war Jacint Verdaguer
(1845 - 1902), der mit seinen Epen Atlàntida (1876, auf deutsch:
Atlantis, 1897 erschienen) und Canigó (1885) in die Spuren
Homers, Virgils und Camões' tritt und zum katalanischen Nationaldichter
wird. Àngel Guimerà (1845 - 1924) findet mit seinem Drama
Terra Baixa (1896) in der Opernvertonung von Eugen d'Albert
(Tiefland, 1903) großes internationales Echo und gilt - gefolgt
von Frederic Soler (Pseudonym "Serafí Pitarra", Barcelona
1839 - 1895), der mit seinen Theaterstücken ebenfalls große Popularität
erreicht - als der überragende Theaterautor (in einer Zeit reicher
katalanischer Theaterproduktion). Bedeutendster Romancier war Narcís
Oller (Valls, nördlich Tarragona, 1846 - Barcelona 1930), dessen
erster, 1882 publizierter Roman, La papallona (Der Schmetterling)
bald danach mit einem Vorwort von Zola auf Französisch erscheint;
sein berühmtestes Werk ist neben L'escanyapobres (1884; auf deutsch:
Der Vampyr, 1920 und 1954) und Vilaniu (1885), der Roman La febre
d'or (1890 - 92, Das Goldfieber), der die wirtschaftliche Dynamik
im Barcelona der Gründerzeit zum Thema hat.
Etwa zur selben Zeit entsteht - unabhängig von Barcelona und Festlandkatalonien
- auch auf Mallorca bedeutende katalanische Literatur, besonders
Lyrik. Hervorzuheben sind die Dichter Miquel Costa i Llobera (Pollença
1854 - Palma, Mallorca 1922) und Joan Alcover (Palma, Mallorca 1854
- 1926), ferner Miquel dels Sants Oliver (Campanet, Mallorca,
1864 - Barcelona 1920), Dichter und Journalist, sowie Gabriel Alomar
(Palma, Mallorca 1873 - Kairo 1941), Dichter und Essayist, der 1904
den Begriff "Futurisme" prägte, den dann Marinetti für Italien übernahm.
Barcelona steht in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts
(ab 1884) bis 1911 ganz unter dem Zeichen des
Modernisme, der zunächst - angeregt vom deutschen Jugendstil
- die katalanische Kunst und später auch die Literatur erfaßt. Eine
reiche, alle Gattungen betreffende literarische Produktion und Rezeption
setzt ein, bei der deutsche, französische und englische Literatur,
aber auch Kunst, Musik und Philosophie entscheidende Anregungen
geben. Herausragendster katalanischer Autor des Modernisme
war der Dichter Joan Maragall (Barcelona 1860 - 1911), der
viele Werke Goethes, Novalis', Nietzsches und Texte Wagners ins
Katalanische übersetzte. Großer Aktivist jener Jahre, insbesondere
durch die in Sitges (südlich Barcelona) veranstalteten happeningartigen
"Festes Modernistes", war der Schriftsteller und Maler Santiago
Rusiñol (Barcelona 1861 - 1931). Unter seinen zahlreichen Theaterstücken,
Erzählungen und Romanen ragt L'auca del Senyor Esteve (1907
als Roman, 1917 als Theaterstück) hervor, die Geschichte des Auf-
und Niedergangs eines Geschäfts durch drei Generationen - ähnlich
wie in den zur gleichen Zeit geschriebenen Buddenbrooks von Thomas
Mann -, mit der Rusiñol die literarische Verkörperung des "typischen"
Katalanen (des Sr. Esteve) gelang. Berühmt wurde ferner sein Reisebuch
über Mallorca, L'illa de la calma (1922, Die Insel der Ruhe).
Die bedeutendste Schriftstellerin des Modernisme war Víctor Català
(L'Escala, bei Figueres, 1869 - 1966), deren Werk Solitud (1905),
wenige Jahre nach Erscheinen bereits auf deutsch publiziert wurde
(Sankt Pons, 1909, S. Fischer Verlag). Weitere wichtige Romanautoren
des Modernisme waren Raimon Casellas (Barcelona 1855 - Sant Joan
de les Abadesses, bei Ripoll, 1910) mit seinem Hauptwerk Els sots
ferèstecs (1901, Die wilden Gräber, 1909 als Lazarus' Tod auf deutsch
erschienen), sowie Prudenci Bertrana (Tordera, bei Blanes und Lloret,
1867 - Barcelona 1941), dessen bekanntester Roman den Titel Josafat
trägt (1906, auf deutsch 1918 erschienen). Ab 1906 kam eine neue
künstlerisch-kulturelle Bewegung auf, die den Modernisme allmählich
verdrängte: der Noucentisme. Eine Welle
der Rückbesinnung auf klassisch-mediterrane Kultur setzte ein und
zugleich eine Welle der Konsolidierung und effektiven Organisation
eines katalanischen Nationalismus, der sich als Alternative zum
rückständigen Spanien verstand. Basis hierfür legte der katalanische
Schriftsteller und Denker Eugeni d'Ors (Barcelona 1881 - Vilanova
i la Geltrú, bei Sitges, 1954) mit seinen seit 1906 15 Jahre lang
täglich erscheinenden Glossen, dem sogenannten Glosari. Zum Teil
wurden sie als Buch zusammengefaßt erneut publiziert, wie z. B.
in La Ben Plantada (1912; Die Stattliche), wo Ors das Bild
einer "klassischen" Katalanin entwirft. Ebenfalls 1906 publizierte
Josep Carner (Barcelona 1884 - Brüssel 1970), der neben Carles Riba
(Barcelona, 1893 - 1959) glänzendste Dichter dieser Periode - beide
haben großen Einfluß auf die Nachfolgegenerationen ausgeübt -, seinen
ersten Gedichtband Els fruits saborosos (1906; Die köstlichen Früchte).
Riba, der auch klassischer Philologe und Literaturwissenschaftler
war, trat neben seiner großartigen Dichtung als Übersetzer hervor:
noch heute verdanken ihm die Katalanen die besten Übersetzungen
griechischer und lateinischer Klassiker ins Katalanische.
1906 erschien ein politisch bahnbrechendes Buch,
La nacionalitat catalana (1906; Die katalanische Nation), ein von
den Gedanken Herders und Fichtes stark beeinflußtes Werk des Präsidenten
der Mancomunitat (einer Vorform der autonomen katalanischen Verwaltung),
Enric Prat de la Riba (1870 - 1917). Neben all den zahlreichen literarischen
Einzelleistungen verschiedenster Autoren verwirklichte der Noucentisme
ein Kulturprogramm - institutionell abgesichert durch die Mancomunitat
-, das auf breitester Ebene überaus bedeutsam für die katalanische
Literatur und die katalanische Sprache wurde: 1906 fand in Barcelona
der Erste Internationale Kongreß der katalanischen Sprache statt,
und 1907 wurde die Katalanische Akademie der Sprache, das Institut
d'Estudis Catalans, gegründet, das 1913 mit der Publikation der
Normes ortogràfiques des Philologen Pompeu Fabra (Gràcia, Barcelona,
1868 - Prada [de Conflent] 1948) die einheitliche Normierung für
die katalanische Sprache (ab 1917 als Diccionari ortogràfic in der
Art des deutschen Duden) brachte. Fabras späterer Diccionari general
de la llengua catalana (1932) wurde zum Standardlexikon des Katalanischen.
Ab 1916 wurde der Noucentisme, der bis in die
30er Jahre fortwirkte, sukzessive überlagert durch die Bewegung
der Avantgarde: 1919 publizierte der
Dichter Joan Salvat-Papasseit (Barcelona 1894 - 1924) seine Poemes
en ondes hertzianes (Gedichte auf Hertzschen Wellen), 1923 den Liebesgedichtband
El poema de la rosa als llavis (Gedicht von der Rose auf den Lippen).
Berühmt wurden auch die surrealistischen Gedichte von Salvador Dalí
(Figueres 1904 - 1989), die 1974 erstmalig auf deutsch erschienen
(Verlag Rogner & Bernhard; 1990 bei Zweitausendeins). Als hervorragendster
katalanischer Dichter der Avantgarde gilt J. V. Foix (Sarrià, bei
Barcelona, 1893 - 1987) - der übrigens auch die Eröffnungsreden
zu den ersten Ausstellungen von Joan Miró und Salvador Dalí hielt
- mit seinen an Träume erinnernden Vers- und Prosagedichten in den
Bänden Gertrudis (1927), Krtu (1932), Sol, i de dol (1947), Les
irreals omegues (1948) und On he deixat les claus... (1953). Foixs
Prosagedichte sind aus einem seit 1918 angelegten tagebuchartigen
Werk, dem Diari 1918, entstanden und wurden erst 1981 gesammelt
publiziert. Eine Auswahl hieraus ist 1988 auf deutsch unter dem
Titel Krtu und andere Prosadichtungen (Verlag Vervuert, Frankfurt)
erschienen.
Größter Theaterautor dieser Zeit war Josep
Maria de Sagarra (Barcelona 1894 - 1961), der nicht nur sein
Theater in Versen schrieb, sondern auch ein hervorragender Dichter
war. Neben seinen über 50 Theaterstücken verfaßte er auch vortreffliche
Übersetzungen fast aller Stücke Shakespeares.
Unter den Dichtern der postsymbolistischen Zeit sind besonders der
bedeutendste nordkatalanische Dichter Josep Sebastià Pons (Illa
de Riberal, Nordkatalonien, 1886 - 1963) mit seinen Gedichtbänden
Cantilena (1937), Conversa (1950) und Cambra d'hivern (1966, Winterzimmer)
hervorzuheben, ebenso Joan Oliver (Pseudonym Pere Quart:
Sabadell, bei Barcelona, 1899 - 1986), der auch Theater schrieb.
Auf Mallorca ragt die Figur des jung verstorbenen Bartolomeu
Rosselló-Pòrcel (Palma, Mallorca 1913 - El Brull, am Montseny
nördlich Barcelona, 1938) hervor, der surrealistisch anmutende Gedichte
schrieb. Auf Eivissa gilt Marià Villangómez (Eivissa 1913)
als gewichtigster zeitgenössischer Dichter, auf Mallorca sind es
Josep M. Llompart (Ciutat de Mallorca 1925 - 1993) und Miquel
Àngel Riera (Manacor 1930 - 1996) - wobei letzterer außerdem
zu den hervorragendsten Prosaschriftstellern zu rechnen ist.
Es fehlt jetzt noch die
Nennung der beiden bedeutendsten Dichter des 20. Jahrhunderts nach
J. V. Foix: zum einen Salvador Espriu (Santa Coloma de Farners,
nördlich von Blanes und Lloret, 1913 - Barcelona 1985), dessen Werk
(darunter auch Erzählungen und Theaterstücke), in der düstersten
Francozeit entstand und ein verzweifeltes Bekenntnis für die katalanische
Sprache und die katalanische Literatur darstellt. Zu seinen überragenden
literarischen Kreationen gehört übrigens der mythische Ort Sinera
(ein Anagramm des katalanischen Küstenstädtchens Arenys), den er
aus klassisch griechischen, lateinischen und mehr noch biblischen
und jüdischen Traditionselementen heraus geformt hat. 1985 und 1986
sind zweisprachig katalanisch-deutsch seine Gedichtbände Die Stierhaut
und Ende des Labyrints erschienen (beide bei Vervuert, Frankfurt;
1991 bei Piper, München). Der andere überragende Dichter des 20.
Jahrhunderts, Meister der modernen Avantgarde, ist Joan Brossa (Barcelona
1919 - 1998). Über 100 Gedichtbände und 323 poetische
Theaterstücke
und Minidramen umfaßt sein Werk, das Brücken schlägt bis zur visuellen
Poesie und Objektpoesie. Wie ein Zauberer mischt Brossa - der übrigens
ein guter Freund von Joan Miró und ein großer Anreger von Antoni
Tàpies in dessen Frühphasc gewesen ist - seine Texte aus Bruchstücken
von Wirklichkeit und Illusion. Postavantgardistische Vollendung
erreicht er in seinen Sonetten und Sestinen
Auch das Land València hat seit dem "Goldenen
Zeitalter" des 15. Jahrhunderts, in dem das großartige lyrische
Werk von Ausiàs March entstanden war, wieder einen außergewöhnlichen
und produktiven Dichter vorzuweisen: Vicent Andrés i Estellés (Burjassot,
bei València, 1924 - 1992). Seine erotisch freimütigen Gedichte
haben ihn besonders seit den 70er Jahren berühmt gemacht. Ebenfalls
aus dem País Valencià stammt der bedeutendste katalanische Essayist
der Gegenwart, Joan Fuster (Sueca, bei València, 1922 - 1992),
der in seinem Stil ironische Schärfe und kauzige Lässigkeit unnachahmlich
verbindet. Sein berühmtestes Werk, Nosaltres els valencians (1962;
Wir, die Valencianer), zeigt das katalanische Fundament und die
katalanische Identität des Landes València auf. In jüngster Zeit
ragt insbesondere der valencianische Erzähler Joan F. Mira
(València 1939) hervor, z. B. mit seinem herkulesroman Els treballs
perduts (1990), der dem Dublin von James Joyce's Ulisses das València
von heute gegenüberstellt. Im Jahr 2000 hat Mira eine beeindruckende
Neuübersetzung von Dantes Divina Commedia veröffentlicht.
Auf dem Gebiet der erzählenden Prosa hat die
katalanische Literatur der Gegenwart Werke von Weltrang vorzuweisen.
Größte internationale Berühmtheit erreichte Mercè Rodoreda
(Barcelona 1908 - Girona 1983), deren Romane und Erzählungen bisher
in 12 Sprachen übersetzt vorliegen. Seit 1979 ist ein Großteil ihrer
Werke auch auf deutsch erschienen (Suhrkamp Verlag, Frankfurt),
darunter ihr bekanntester Roman Auj der Plaça del Diamant
(1979; 1984 als Taschenbuch mit Nachwort von Gabriel García Márquez),
der den Leidensweg einer jungen katalanischen Frau aus Gràcia, einem
Stadtteil Barcelonas, zur Zeit des spanischen Bürgerkriegs beschreibt;
des weiteren der poetisch-surrealistische Prosatextband Reise ins
Land der verlorenen Mädchen (1980, zweisprachig katalanisch-deutsch)
sowie Der zerbrochene Spiegel (1982), ein erzählerisch interessant
aufgebautes Familienepos, und Der Fluß und das Boot: Erzählungen
(1986).
Der andere herausragende katalanische Romancier der Gegenwart ist
der Mallorquiner Llorenç Villalonga (Ciutat de Mallorca 1897 - 1980).
Seine Romane - die berühmstesten sind Mort de Dama (1931: Tod einer
Dame) und Bearn (1961) - erzählen vom Niedergang der mallorquinischen
Aristokratie und der traditionellen Inselgesellschaft: sie sind
gleichsam großartige Detailgemälde einer zu Ende gehenden Zeit (deutsche
Übersetzung im Piper-Verlag, München).
Das umfassendste katalanische Prosawerk aller Zeiten (46 Bände in
der Gesamtausgabe) hat der von der Costa Brava stammende Josep Pla
(Palafrugell 1897 - Llofriu 1981) hinterlassen. Alle seine Werke
- auch die romanhaft gestalteten - gehören im weitesten Sinne zur
Gattung Tagebuch, Porträt oder Reisebericht (als Korrespondent verbrachte
Pla viele Jahre in den verschiedensten Ländern Europas). Charakteristisch
für diesen Autor sind eine großartige Beobachtungsgabe und ein stilistisches
Feingefühl, das selbst unscheinbarste Vorkommnisse oder Details
zu sinntragenden Elementen und zu lesenswerten Sujets macht. Deutsche
Übersetzungen seiner Werke, besonders der Reisebücher im engeren
Sinn, beginnen gerade zu erscheinen.
Ein weiterer äußerst fruchtbarer Autor, der weit über hundert Romane
geschrieben und einen Großteil davon publiziert hat, ist Manuel
de Pedrolo (L'Aranyó, bei Cervera, 80 km nördlich Tarragona, 1918
- Barcelona 1990). Romantechnisch interessante Experimente sowie
eine Hinwendung zu verschiedensten Themen, die er zum Teil in Zyklen
organisiert hat (vgl. sein Werk Temps obert, Offene Zeit), zeichnen
diesen Autor aus. Zum Bestseller der katalanischen Gegenwartsliteratur
(über l Million Auflage) wurde sein Science-Fiction-Roman Mecanoscrit
del segon origen (1974; Maschinenskript vom zweiten Ursprung). Ein
kennzeichnendes Werk seiner frühen Schaffensphase ist das Theaterstück
des Absurden Homes i No (1959; Menschen und No).
Was zeitgenössische Schriftstellerinnen anbelangt, die seit Rodoreda
verstärkt das internationale Interesse wecken, so gilt Maria Aurèlia
Capmany (Barcelona 1918 - 1991) als die bedeutendste unter diesen
Autorinnen. Neben ihrem essayistischen Werk, das sie besonders Frauen
und dem Feminismus widmete, und neben ihren Theaterstücken und ihrer
Bühnentätigkeit ist sie von 1952 bis 1972 und dann wieder 1982 als
Romanautorin hervorgetreten, z. B. mit Betúlia (1956), Feliçment,
jo sóc una dona (1969; Zum Glück bin ich eine Frau), Quim/Quima
(1971) und Lo color més blau (1982; Das tiefere Blau). Zuletzt hatte
sie mehrere Memoirenbände veröffentlicht (z. B. Mala memòria, 1987).
Weitere beachtliche (Roman-)Schriftstellerinnen
sind Montserrat Roig (Barcelona 1946 - 1991) - von ihr erschien
1991 auf deutsch Zeit der Kirschen bei Elster - und die beiden Mallorquinerinnen
Maria Antònia Oliver (Manacor, 1946) - von der bereits zwei Romane
auf deutsch erschienen sind: Drei Männer, 1989 und Miese Kerle,
1990, beide im Eichborn Verlag, Frankfurt - und Carme Riera (Ciutat
de Mallorca 1948).
Einige der vielen bedeutenden Prosaautoren sind Pere Calders (Barcelona
1912 - 1994), in dessen Erzählungen und Romanen uns immer wieder
das Phantastische, Ungewöhnliche, Unerwartete begegnet, Joan Perucho
(Barcelona 1920), dessen Vampirroman Les històries naturals (1960)
bei Hanser, München, unter dem Titel Der Nachtkauz 1990 auf deutsch
erschien (1991 erschien: Ein Ritterroman), Terenci Moix (Barcelona
1942), thematisch und stilistisch das erste enfant terrible der
neuen katalanischen Literatur, dessen berühmtester Roman El dia
que va morir Marilyn (1969; Der Tag, an dem Marilyn starb) betitelt
ist, und Quim Monzó (Barcelona 1952), der erfolgreichste unter den
jüngeren Erzählern, der neurotisch-erotische Situationen in postmodernem,
umgangssprachlichen Stil faßt. Auf Mallorca tritt zudem Gabriel
Janer Manila (Algaida 1940) hervor, dessen Romane zwischen (mallorquinischer)
Realität und Landschaften der Phantasie angesiedelt sind. Ausgezeichnet
ist sein Roman La dama de les boires, der die Geschichte des Erzherzogs
Ludwig Salvator auf Mallorca zum Thema hat. Viel gelesen wird auch
der Schriftsteller und Journalist ist Josep M. Espinàs (Barcelona
1927), der mit seinen letzten Reisebüchern - ähnlich wie Josep Pla
- durch die Fähigkeit besticht, selbst profan-alltäglichen Dingen
interessante, literarische Aspekte abzugewinnen. Das reiche heutige
Theaterleben Kataloniens greift sowohl auf katalanische - klassische
wie aktuelle - Stücke zurück, als auch auf internationale, ins Katalanische
übersetzte Klassiker. Eine besondere Bedeutung haben ferner eine
ganze Reihe von Theaterensembles, die ihre Stücke selbst schreiben;
manche unter ihnen erlangen - dank der Unterordnung des Wortes unter
die Gestik - mehr und mehr auch internationale Bekanntheit, so z.
B. Albert Boadellas Theatergruppe Els Joglars, des weiteren
Els Comediants und La Fura dels Baus.
Zum Abschluß bleibt nun noch die jüngere Generation
katalanischer Lyriker zu erwähnen, als deren Vorläufer Gabriel
Ferrater (Reus 1922 - Sant Cugat del Vallès 1972) angesehen
wird. Stellvertretend für viele weitere Dichter stehen Albert Ràfols
Casamada (Barcelona 1923), einer der bedeutendsten Maler nach Tàpies
und Dichter, Miquel Martí i Pol (Roda de Ter, bei Vic, 1929), der
volkstümlichste und meistgelesene Dichter, sowie Feliu Formosa
(Sabadell 1934), der speziell auch als Vermittler von Brecht
und von deutscher Literatur nach Katalonien hervortrat. Damit sind
wir am Ende dieses auf das Wesentlichste konzentrierten Überblicks
über die bedeutendsten Autoren und Werke der katalanischen Literatur
von den Anfängen bis zur Gegenwart - einer Literatur, die schon
im Mittelalter hochbedeutend war und in unserer Zeit (nach Überwindung
der Repression alles Katalanischen unter der Franco-Diktatur) hohe
internationale Qualität und eine wiedererstarkte Vitalität aufweist,
die für die Leser außerhalb des katalanischen Sprachbereichs noch
manche Überraschung ersten Ranges bereithält und einen überaus interessanten
Beitrag zur Vielfalt europäischer literarischer Kultur leistet.
Bibliographie: Kindlers
Neues Literatur Lexikon, München; von 1988 bis 1998 erschienen 22
Bände mit über 150 Artikeln zur katalanischen Literatur. - Literaturwissenschaftliches
Wörterbuch für Romanisten, Tübingen: Francke Verlag 2002 (UTB 1373);
in 75 Artikeln stehen Bemerkungen oder ausführlichere Beiträge zur
katalanischen Literatur. - Johannes Hösle: Die katalanische Literatur
von der Renaixença bis zur Gegenwart, Tübingen: Max Niemeyer Verlag
1982. - Martí de Riquer, Antoni Comas, Joaquim Molas: Història de
la literatura catalana, 11 Bände, Barcelona: Ariel 1984 - 88; die
überragende und maßgebliche Literatur-geschichte. - Zeitschrift
für Katalanistik l (1988) bis 14 (2001), Frankfurt: TFM - Teo Ferrer
de Mesquita. Lesenswerte Anthologien: Johannes Hösle, Antoni Pous
(Hrsg.): Katalanische Lyrik im zwanzigsten Jahrhundert. Eine Anthologie
(zweisprachig katalanisch-deutsch), Mainz: v. Hase & Koehler, 1970.
- Katalanische Erzähler, Zürich: Manesse, 1978. - Tilbert Stegmann
(Hrsg.): Ein Spiel von Spiegeln. Katalanische Lyrik des 20. Jahrhunderts
(zweisprachig), mit 7 Farbzeichnungen und 3 Collagen von Antoni
Tàpies, Leipzig: Reclam, München: Beck, Frankfurt: Büchergilde Gutenberg,
1987. - Und laß als Pfand, mein Liebling, Dir das Meer und vierzehn
weitere Erzählungen aus dem Katalanischen, Frankfurt: Vervuert,
1988 und München: Pieper, 1991. - Paisatges de Catalunya / Landschaften
Kataloniens, hrsg. v. Joaquim Molas, Barcelona: Generalitat de Catalunya,
1990. - Die Spezialität des Hauses. Neue katalanische Literatur,
hrsg. v. Roger Friedlein u. Barbara Richter, München: Babel Verlag,
1998.
Quelle:
fuente:http://www.uni-frankfurt.de/fb10/romsem/katalanistik/kat-literatur.htm
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